
© Andreas Seidel
Für Lessing war die Fabel das Mittel der Wahl, wenn es darum ging, eine besondere Begebenheit in aller Kürze angenehm und unterhaltsam zu erzählen und gleichzeitig eine allgemeine ›Wahrheit‹ zu vermitteln. Die Fabel war ihm so wichtig, dass er über sie eine theoretische Abhandlung verfasste. Als Aufklärer bestand Lessing darauf, dass die Fabel »auf einen gewissen Zweck abzielet« und dass die Moral der Geschichte »ganz anschauend« sei.
Für Hans Brinkmann ist die Sprache das entscheidende Werkzeug, um Kritik zu üben: Gesellschaftskritik etwa, politische Kritik und selbstverständlich auch Kritik des eigenen Denkens. Denn wo Sprache ist, da ist auch Kritik. »Ich glaube«, schreibt Brinkmann einmal, »wer mit Sprache umgehn kann, kanns auch mit Vater Staat«. Vor allem mit politischer Lyrik ist der in Chemnitz lebende Autor bekannt geworden. Seine Gedichte und Erzählungen leben von Witz und Spott, oftmals ohne die Dinge direkt beim Namen zu nennen. »Wenn Dinge benannt werden«, erklärt Brinkmann, »dann wissen die Leser, um was es geht und lesen nicht weiter«, und das müsse ein Dichter zu verhindern wissen. Mit seinem 2021 erschienen Fabelbuch nimmt Brinkmann diese Forderung ernst und wagt den Versuch, die Dinge nicht – zumindest auf Anhieb nicht – beim Namen zu nennen. So verwickelt er seine Leserinnen und Leser in ein rätselhaftes Spiel mit der Sprache, testet ihre Grenzen aus und experimentiert mit der kleinen poetischen Form.
Am 21. September 2022 las Hans Brinkmann aus seinem Fabelbuch in der Buchhandlung Behr und beantwortete Fragen zu seinem neuen Buch.

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