Am Donnerstag, 23. März, stellte Dr. Daniel Zimmermann sein Buch Göttliche Zufälligkeiten. G. E. Lessings Vernunftkritik als Theodizee der Religionen im Meißnerhaus in Wolfenbüttel vor. In seinem Vortrag konzentrierte sich Zimmermann auf Lessings theologischen Denkweg hin zur Überwindung einer abgeklärt-aufklärerischen Religionskritik.

Lessings religionskritische Schriften sind weniger bekannt als seine Dramen oder Fabeln, ihre Sprengkraft war jedoch nicht weniger folgenreich. Schon mit seinen frühen »Rettungen«, die in den 1750er Jahren erschienen, suchte Lessing dem seiner Meinung nach starren Meinungsbild der Kirche zu trotzen, indem er die Werke einst verunglimpfter Denker wie Gerolamo Cardano oder Johannes Cochläus verteidigte. Wiederholt hat Lessing in seinen Schriften die im 18. Jahrhundert populäre »Vernunftreligion« stark gemacht und sich dabei – zumindest partiell – auf Gottfried Wilhelm Leibniz sowie auf den jüdischen, oft als Atheisten gebrandmarkten Philosophen Baruch de Spinoza bezogen.
Den entscheidenden Schritt wagte Lessing allerdings erst in seinen Wolfenbütteler Jahren. Zwar war für ihn auch in dieser Zeit noch immer die Vernunft der zentrale Fluchtpunkt, an dem er sich orientierte, doch die Vernunft verstand er nun als ›geschichtliche Vernunft‹ – ein revolutionärer Gedanke, der noch in den großen philosophischen Systemen des deutschen Idealismus nachhallte. Dietrich Bonhoeffer hat es einmal bündig so formuliert: »Hinter Lessing können wir nicht mehr zurück.«
In seinem Vortrag zeichnete Daniel Zimmermann Lessings Denkbewegungen nach. Sie würden sich – im Zeichen der Aufklärung – auch als Vernunftkritik, als Prüfung der Vernunft lesen und in diesem Sinne als ›Theodizee‹, das heißt, als Rechtfertigung der Religion verstehen lassen.


© Fotos: Anna Schneider